Resilienz beginnt, wenn du aufhörst, stark sein zu wollen

Über Selbstführung, kleine Entscheidungen und die Kunst, sich nicht zu verlieren

Wenn wir über Resilienz sprechen, schwingt oft ein gewisses Missverständnis mit. Als wäre es etwas, das man „erreichen“ kann – so wie ein berufliches Ziel oder ein neuer Lebensstil. Ein Zustand, den man durch konsequentes Training, Tools und Techniken erlangen kann. Und dann hat man’s. Haken dran. Weiter im Text.

Doch echte Resilienz funktioniert anders.

  • Nicht als Ziel – sondern als fortlaufende Praxis.
  • Als innere Haltung, die wir einnehmen können.
  • Als Entscheidung, die wir immer wieder neu treffen.
  • Oft leise. Oft im Rückblick. Und fast nie perfekt.

Nicht starr, sondern beweglich

Resilienz wird häufig mit Begriffen wie Widerstandskraft oder psychischer Stabilität übersetzt. Doch wenn wir wirklich hinschauen, geht es nicht um Starrheit, sondern um Beweglichkeit. Nicht darum, allem standzuhalten – sondern darum, sich in schwierigen Phasen nicht selbst zu verlieren, entscheidungs– und handlungsfähig zu bleiben.

Ein Mensch, der resilient handelt, sieht sich nicht als stark im Sinne von unangreifbar, sondern als fähig zur Rückkehr ins eigene Gleichgewicht, zur eigenen Wahrnehmung, zur Selbstverantwortung – alles ohne Selbstverurteilung.

Resilienz ist kein Ausnahmezustand

Übergänge werden oft als Krisen erlebt. Ein Job endet, eine Diagnose verändert alles, ein Mensch geht, ein inneres Bild von uns selbst fällt in sich zusammen. In solchen Momenten greifen wir oft zum „Resilienz-Werkzeugkasten“ – sofern wir einen haben. Aber was, wenn wir Resilienz nicht erst in einer erlebten Krise suchen müssten? Sondern schon vorher in unserem Alltag säen?

Resilienz ist nichts, was du abrufst, wenn es brennt. Sie ist das, was du täglich – fast beiläufig – einübst.

In deinen Grenzen. In deinen Routinen. In deinem Tempo.

Drei kleine Momente – und was sie mit Resilienz zu tun haben

1. Du sagst Nein – ohne Schuldgefühl.

Die Anfrage ist spannend. Du hast das Know-how.

Aber du spürst: Jetzt passt es nicht. Noch nicht.

Früher hättest du zugesagt, vielleicht aus Pflichtgefühl, aus Angst, die Chance zu verpassen. Heute sagst du Nein. Mit einem inneren Nicken.

Das ist Resilienz. Selbstführung statt Selbstausbeutung.

2. Du erlaubst dir eine Pause – bedingungslos

Die Woche war voll. Dein Kalender ist es noch immer.

Du gehst trotzdem raus. 15 Minuten. Kein Handy, kein Ziel. Einfach nur sein. Atmen. Die Schultern und Fußsohlen wieder spüren.

Das ist Resilienz. Weil du dich wieder in den Mittelpunkt deines Tages stellst – nicht das Nächste auf deiner ToDo-Liste.

3. Du reflektierst statt zu reagieren.

Eine Nachricht trifft dich. Du bist verletzt, irritiert, vielleicht wütend.

Früher hättest du sofort geantwortet.

Jetzt atmest du. Nimmst dir einen Abend. Vielleicht auch zwei. Und dann entscheidest du, ob du antwortest – und wie.

Das ist Resilienz. Nicht Unterdrückung, sondern bewusstes Innehalten. Handlung statt Impuls.

Resilienz als tägliche Praxis, kein Versprechen

Resilienz ist nicht: „Wenn du das hier machst, wird dir nichts mehr etwas ausmachen.“

Sondern: „Wenn es dich trifft – was es tun wird – weißt du, wie du dich halten kannst.“

Es geht nicht um Unverwundbarkeit. Es geht darum, nicht innerlich zu zerbrechen, sondern sich selbst durch das ungewisse Dazwischen zu begleiten. Manchmal mit Struktur und Plan. Manchmal mit Vertrauen und Zuversicht. Manchmal einfach mit einer Tasse Tee und einer stillen Stunde.

Was du heute tun kannst

Wenn du Resilienz nicht als Idealbild, sondern als Alltagspraxis begreifst, darfst du klein anfangen. Nicht mit noch mehr Selbstoptimierung – sondern mit mehr Selbstverbindung.

Ein kleiner Impuls zum Mitnehmen:

Wähle heute bewusst einen Moment, in dem du bei dir bleibst – auch wenn es ungemütlich wird.

Das kann ein Nein sein. Ein Rückzug. Ein ehrliches Gespräch. Oder die Entscheidung, etwas nicht sofort beantworten zu müssen. Das ist keine Flucht. Das ist eine neue Haltung in Form von Selbst-Verantwortung.

Und oft der erste Schritt zurück zu dir.

Resilienz ist kein Ziel.

Sie ist die Art, wie du dich durch dieses Leben bewegst. Und wie du dir selbst begegnest, wenn es in deinem Leben rumpelt und wackelt.

Leise. Wach. Und jeden Tag neu.

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